Wortphilosophie…

mind mapPassend zu meinem Blog habe ich heute mal über das Wort ’schreiben‘ nachgedacht. Was fällt Euch ein, wenn Ihr an das Wort ’schreiben‘ denkt? Eine ganze Menge garantiert, und sicherlich auch noch andere Dinge als mir eingefallen sind. Für mein persönliches Brainstorming habe ich eine Mindmap gemacht, also das Wort ’schreiben‘ in die Mitte und in einen Kreis, naja, ein Oval, gesetzt und dann rings herum erstmal nur aufgeschrieben, was mir einfiel. Das war schon ne ganze Menge, aber bevor es noch mehr wurde und den Rahmen eines Beitrages, den man auch lesen will sprengt, habe ich dann erstmal ein neues Blatt genommen und versucht die ganzen Begriffe aufzuteilen. Insgesamt haben sich wie Ihr auf dem Bild seht, 5 Spalten ergeben. 5 Oberbegriffe aus dem ganzen Wortchaos der Mindmap. Das geht sicher noch besser, aber damit kann ich erstmal arbeiten. Was habe ich da eigentlich geschrieben? Eines der ersten Dinge, die mir einfielen, waren zum Thema lernen und Entwicklung: bei schreiben denkt man sofort an Schule, Listeman lernt in der Schule was Buchstaben sind, wie sie aussehen und welche Bedeutung sie haben. Entsprechend kommt es zu Worten und zum lesen, denn lesen und schreiben geht schließlich Hand in Hand. Wenn wir es mal ganz profan sehen, ist schreiben die sinnvolle Aneinanderreihung von Buchstaben zu einem Wort. Okay, soviel dazu 😛 Schreiben ist für manche ein Zwang, sie müssen es tun, um die Hausaufgaben zu machen, Briefe oder Karten aus dem Urlaub zu schreiben etc. Für andere ist es kein Zwang, sondern Freude, aber dazu komme ich später. Schreiben ist Disziplin, nicht nur als disziplinarische Maßnahme (wer kennt das nicht, die Strafe des 50 maligen Schreibens von: ‚Ich darf meine Mitschüler nicht ärgern, ich darf nicht naseweis sein‘ etc…), nein etwas regelmäßig zu Papier zu bringen, die Disziplin sich über das, was man schreibt Gedanken zu machen, all das und viel mehr lernen wir. Schreiben hat viel mit Verständigung zu tun, ich kann jemandem eine Mitteilung geben, die nicht sofort, sondern später gelesen werden kann. Dienste wie Whatsapp, Facebook, Hangout, E-Mail und oldschool SMS erleichtern die tägliche Kommunikation zwischen den Menschen, auch über die Kontinente hinaus. Und da wir – von den Chinesen mal abgesehen – auch annähernd die gleichen Buchstaben nutzen, ist schreiben, sobald man die Sprache gelernt hat auch eine Verständigungsmöglichkeit. Stellt Euch nur den Aufwand vor, wenn wir nicht nur eine Sprache, sondern auch noch eine Schrift lernen müssten. Mein Schwager stellt sich dieser Herausforderung momentan, und das ist eine ganze Menge an Arbeit, die wiederum Disziplin benötigt. Mitteilungen können mehr als einmal gelesen werden. Somit hat schreiben ebenfalls etwas mit Erinnerungen, Momente festhalten zu tun. Da bin ich schon bei einer meiner nächsten Spalten: die Wichtigkeit des Schreibens, man möchte etwas festhalten können, damit es lange Zeit überdauert, Erzählungen, Geschichten, Ideen, Gedanken und auch Gefühle und Träume. Das ist der Stoff, aus dem Tagebücher bestehen, die eigene Lebensgeschichte voller Informationen über sich selbst, Hoffnungen, Träume und Ideen, Wünsche, Enttäuschungen, Gefühle, Erlebnisse und vieles mehr. Also eine sehr wertvolle Art des Schreibens, der Inhalt ist persönlich und echt.

Mit Hilfe des Schreibens kann ich mir Notizen machen, es ist meine Gedächtnisstütze, damit ich Ideen oder auch Aufgaben nicht vergesse. Viele nutzen es privat, aber auch beruflich ist schreiben nicht wegzudenken. Und damit meine ich nicht nur Autoren, Journalisten und Sekretärinnen, nein jeder Beruf hat mit schreiben zu tun, auch ein Handwerker muss schreiben (und demnach auch lesen) können, sei es um Aufträge zu verstehen, um Veränderungen anzumerken, um einen Plan zu fertigen. Denkt mal an Eure Unterschrift. Wie oft benutzen wir sie? Verträge werden unterschrieben, Kreditkartenbelege, Karten unterschreibt man per Hand, Urkunden, selbst auf einer Verordnung zur Physio- / Ergotherapie unterschreibt man. Kinder beginnen damit, indem sie Urlaubskarten unterschreiben, die Einladung zur Geburtstagsfeier…. Etwas Unterschriebenes ist ein Beweis, dass etwa eine Vertragsverhandlung stattgefunden hat, ein Beweis, dass diejenigen, die Unterschrieben haben dabei und mit dem Inhalt einverstanden waren bzw. sind. Ein Kassenbeleg berechtigt zum Umtausch oder zur Rückgabe.

Des Weiteren ist schreiben eine Hilfe zum lernen. Ihr kennt sicherlich ebenfalls diese verschiedenen Lerntypen: die einen, die besser über das Hören lernen (olfaktorisch), andere über das Sehen (visuell), wieder andere müssen es anfassen können, ein Bild im Kopf haben, Praktisch sein (taktil)… Jeder hat dabei seine Techniken und die meisten von uns nutzen mehr als einen Weg, um sich Dinge zu merken. Bei mir spielt schreiben eine große Rolle, Notizen machen, eine Struktur erkennen, eine Struktur oder Gliederung entwerfen, eine Liste erstellen und damit Argumentationen aufbauen, den Fokus auf das Wesentliche lenken und vieles mehr, natürlich. Durch das Schreiben verlangsamt sich das Denken, denn die Buchstaben und Worte müssen zu Papier gebracht werden. Dann kann man sich das Gesamtbild ansehen, Veränderungen schaffen, Vergleiche anstellen, eine andere Perspektive einnehmen. Also eine kaum verzichtbare Tätigkeit für die Vorbereitung einer Präsentation, einer Vorlesung, eines Vortrages oder eines wichtigen Gespräches. Hier wird das Geschriebene zur Vorbereitung aber auch als Gedächtnisstütze genutzt, damit nichts vergessen wird. Protokolle helfen das Gesprochene nochmal in Ruhe lesen zu können, zu verstehen, neue Fragen aufkommen zu lassen oder zu beantworten.

Allerdings gibt es auch Menschen, die nicht schreiben können, das muss man zu diesem Wort auch gant klar sagen. Die Rate des Analphabetismus ist vorhanden, schwankt natürlich Länderabhängig. 😮 Aber wenn man sich das mal überlegt, wie wichtig lesen und schreiben ist, dann frage ich mich doch, wie schaffen diese Menschen das? Fühlen sie sich abseits? Oder macht ihnen das nichts aus? Selbstverständlich gibt es auch Defizite wie Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche), Agrafie oder auch zertsörte Hirnareale, zu denen ich gleich komme, die das Schreiben nicht mehr möglich werden lassen, z.B. nach einem Hirninfarkt. Aber zu diesen Dingen, gibt es ein anderes Mal mehr.

Der Prozess des Schreibens ist ebenfalls ein Spaltenpunkt. Wie funktioniert es, dass wir schreiben können? Also ganz ehrlich: dieser Vorgang ist so komplex und beinhaltet so viele Hirnareale und Nervenverschaltungen, dass es hier den Rahmen sprengen würde, das im Detail zu erklären. Wichtig zu wissen ist, dass es 2 Gehirnhälften – Hemisphären gibt, die unterschiedliche Schwerpunkte haben. Die linke Hemisphäre ist für Planung und Struktur prädestiniert. Sie liebt Zahlen, Listen und Formeln, hier werden Urteile gebildet und Kritik angeleiert, die analytische Seite sagt man auch. Die rechte Hemisphäre ist die kreative, die künstlerische Seite. Hier geht es Farben und Formen, Musik und solche schönen Dinge. Unserer Hemisphären sind jede für sich eigenständig, aber da sie auch intensiv zusammenarbeiten müssen, gibt es eine Kommunikationsleitung, das ist das sogenannte Corpus callosum. Nur als Beispiel: Um Gefühle zu einem Bild niederzuschreiben, benötige ich die rechte, kreative Seite und die Linke, die das analysiert und in Worte fasst. Ebenfalls wichtig ist noch der präfrontale Cortex des Gehirns, hier werden Handlungsplanung und -steuerungen geschaltet und das Arbeitsgedächtnis liegt hier. Die Koordination von Auge – Hand sowie Finger – Hand sind wichtig, um die Worte auf das Papier zubringen, den Stift zu halten etc. Aber dafür sind viele viele Faktoren und Zusammenarbeit nötig. Der Weg vom Gedanken zum Wort ist wie Ihr seht (und wohl eh schon wisst) sehr komplex, ist unser Gehirn nicht einfach phänomenal?

Okay, genug von der Physiologie… schreiben hat etwas mit Schönheit zu tun. Kalligraphie – die Kunst des schönen Schreibens ist ein wesentlicher Teil davon. Gleichmäßigkeit, Schnörkel und Bögen gehören dazu. Mit schreiben kann man seiner Kreativität sowohl inhaltlich, wie auch formal. Veränderungen an Buchstaben, Verzierungen, all das führt zu Individualität. JA, obwohl wir annähernd die selben Buchstaben lernen, sind sie dennoch bei jedem unterschiedlich, individuell geprägt. Da spielen die Stifthaltung, das Schreibgerät, das Papier und dessen Lage, die Körperhaltung des Schreibenden, die Tatsache ob Rechts- oder Linkshänder eine große Rolle. Und dazu kommt die Entscheidung des Einzelnen: Schreibt man gerade oder schräg, eng aneinander oder ausladend, zusätzliche Schnörkel, ausladende Bögen…. Mit Schreiben können Karten gestaltet werden, nicht nur für eine Hochzeit, auch eine Menükarte, eine Einladung oder ein Dank können schön gestaltet werden. Lasst Eurer Fantasie freien Lauf.

Eine Sache fehlt noch zum schreiben: wir benötigen Dinge. Natürlich erstmal Papier, eine Unterlage, die Buchstaben aufnehmen kann. Ein Stift, ob Füller, Bleistift, Kugelschreiber, Edding oder was auch immer, ein Schreibgerät wird benötigt. Und das Wichtigste: ich benötige einen Grund etwas zu schreiben. Eine Unterschrift, eine Mitteilung, eine Erinnerung, ein Bild, dass ich festhalten will oder einfach etwas, das ich erschaffen möchte. Aber einen Grund, habe ich immer, denn schreiben ist etwas wunderschönes, der Beginn von Kunst.

Das ist jetzt schon eine ganze Menge, wow, dass es soviel wird, hätte ich vorher nicht gedacht. Wie gesagt, wenn ich noch länger darüber nachdenke, fällt mir noch mehr ein. Was fällt Euch noch zu dem Wort ’schreiben‘ ein? Schreibt es mir oder auch Anregungen für neue Worte, Kritik, Verbesserungsvorschläge, legt los und seit kreativ!

2 Gedanken zu „Wortphilosophie…

  1. Wow, eine beeindruckende Sammlung. Ich staune immer wieder wie weit Du in die Tiefen und Weiten vordringst.
    Ergänzend dazu fällt mir noch eine Art zu Schreiben ein, welche ohne Schrift auskommt – die scripturale Kalligrafie. Also Schrift zu schreiben die keine ist und nur so tut. Ich habe es auch einige Zeit betrieben und an asiatische Kalligrafie angelehnt. Im Prinzip geht die volle Konzentration auf den Schreibfluss, ohne von Worten abgelenkt zu werden. Beispiele dafür findest Du hier http://wortspuren.com/schreibmelodien-♛-chinesischer-pinsel/ – ich liebe diese Werke bis heute, auch wenn die meisten nicht mehr in meinem Besitz sind.
    Viele Grüße
    Anja

    1. Vielen vielen Dank, Anja 🙂 Über das Kompliment freue ich mich sehr. Scripturale Kalligrafie habe ich noch nie gehört, da werde ich gleich mal googlen…. Das klingt erstmal skurril, aber spannend 🙂

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